Etappe 5 – Berliner Schnauze und Berge satt

Oehna – Rädigke, 5. Juni, heute mal nur 75 km

Aber wer denkt dies wäre pure Erholung gewesen, der soll sich doch mal das Höhenprofil ansehen.
Nach anfänglich guter und ebener Strecke, ging es dann zunehmend auf Nebenstraßen daher. Und eine Steigung folgte der anderen. Zwar ging es dann meist in Schussfahrt bergab, aber jeder Meter Gefälle wollte hart erarbeitet werden.

Die gestrige Etappe steckt mir auch gehörig in den Knochen. Zu meinen Problemen an den üblichen dafür prädestinierten Stellen, hat sich nun auch noch ein stechender Schmerz in beiden Achillessehnen eingestellt.
Das macht die Sache nicht angenehmer. Da muss ich nun mal durch. Hab ich mir so ausgesucht.
Die Tour macht einen Schlenker nach Treuenbrietzen. Zumindest unter der Woche ist hier aber nicht viel los.
Auch in Lüdenhof und Feldheim hat alles dicht und die Mittagsrast muss weiter warten. Erst in Marzahna finde ich einen geöffneten Gasthof. Aber dieses Etablissement macht auch bei der zweiten Vorbeifahrt nur noch einen schlechteren Eindruck. Meine Güte. Das erinnert mich an Peru.
Da geh ich nicht rein!
Als ich um die Ecke biege stehe ich vor dem Gasthof „Zur goldenen Krone“. Das sieht schon besser aus! Ich wuchte mein Rad die drei Stufen zum Biergarten hoch und werde gleich von der Kellnerin im breitesten Berliner Dialekt begrüßt „Watt‘, mit n Fahrrad?“. Ich mache ihr klar, dass ich es so nicht auf der Strasse stehen lasse und ich keine Lust habe, alle Taschen abzubauen. Sie daraufhin „Na denn, mach an n Boom“. Ich „mache“ nicht an den Baum (mitten im Biergarten ts,ts,ts), sondern stelle das Fahrrad dort hin. Sie scheint besänftigt. Ich bestelle und es gibt eine sehr gute Soljanka und Gulasch mit Klößen. Muss mich ja auch mal belohnen.
Inzwischen trudeln zwei weitere Radler ein, die aber perfekt ausländisch sprechen. Damit ist die Kellnerin überfordert. Bier bekommt sie noch auf die Reihe, aber bei der Essensbestellung kommt sie nicht mehr mit. „Det mit n englischen is nich so mein Ding.“ Ich greife ein. Die müssen doch schließlich gestärkt werden. Es stellt sich heraus das die beiden Italiener sind. Mit einem Anglo- Italo- Sprachmix schaffe ich es dann den beiden Bratwurst und Bratkartoffeln zu ordern. Die Kellnerin ist zufrieden und zieht mit den Worten „Mir wern det Kind schon schaukeln“ ab in die Küche.
Inzwischen ruft mich Traugott an, um mir mitzuteilen, dass ich morgen in Belzig einen weiteren Pressetermin habe. Kann ja heiter werden. Außerdem lädt er mich zu einem großen Fest im Kloster Lehnin ein, welches morgen stattfindet.
Das heißt, morgen nur 50 km.
Meine Achillessehnen stimmen dem begeistert zu. Ich kalkuliere schnell die Etappen durch und stelle fest, dass es auch gut zu planen ist. Also warum nicht!? Ich sage zu.
Ich kämpfe mich weiter bergauf und bergab und erreiche bei Garrey tatsächlich 178 m. Immer wieder komme ich durch kleine Dörfer. Meine Hoffnung auf einen Laden oder Supermarkt wird enttäuscht. Einige Kleinigkeiten bräuchte ich schon. Hier ist aber nichts zu holen.
Kurz vor Raben beschließe ich den Schlenker und die Höhenmeter zur Burg Rabenstein mitzunehmen. Dort war ich schon zu einer Klassenfahrt in der Jugendherberge. Inzwischen hat sich eine Menge getan. Die Jugendherberge gibt es noch und an der Burg ist viel gemacht worden. Auch eine Gaststätte gibt es jetzt. Ich teste gleich mal die Soljanka und bin sehr zufrieden mit dem Resultat. Nun ist es nur noch ein Katzensprung nach Rädigke. Der Zeltplatz dort ist unglaublich gemütlich und klein. Der Inhaber nebst Frau sitzt gerade beim Kaffee vor seinem Wohnwagen. Ganz gelassen werde ich begrüßt. „Geh doch einfach da hoch zu der blauen Sitzgruppe, bau schon mal dein Zelt auf. Die sanitären Anlagen sind dort. Lass es dir schon mal gut gehen.“ Na, wenn das nicht einladend ist. Etwas später kommt noch ein einzelner Radler daher. Es ist Peter aus Belgien. Der Junge ist noch verrückter als ich. Er will von Belgien nach St. Petersburg radeln, aber auch er hat seine Probleme. Die 100 km pro Tag die er sich vorgenommen hat, sind auf Dauer zu viel. Immerhin hat er schon 800 geschafft. 800 von 3300. Er wird aber abkürzen und fährt morgen mit dem Zug zur polnischen Grenze. Der Bursche hat extra ein Jahr Russischunterricht genommen. Wir radeln noch gemeinsam nach Raben und speisen beim Hemmelwirt. Wir unterhalten uns angeregt über unsere Reisen und Erlebnisse und fachsimpeln über Radtouren etc..
Ein richtig netter Abend. Und so wird es heute wieder spät mit meinem Bericht.

Ich hab dem Ganzen mal ein Bild meines Flugzeugcockpits beigefügt. Sieht schon arg overequipped aus. 🙂

Etappe 5 Tourendaten

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